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Juli:
Der neue Monat fängt so an, wie der der alte aufgehört
hat, mit der Fußball WM. Wir zittern noch immer bei jedem
Spiel mit und als die Italiener gegen Australien 5 Sekunden vor
Schluss noch einen Elfmeter „geschenkt“ bekommen
versteht Evi die Welt nicht mehr. Auch im Spiel Deutschland gegen
Italien müssen wir hilflos zusehen wie die Finalteilnahme in
der sprichwörtlich letzten Minute scheitert. Denn nach ein
bisschen googeln kommt es ans Licht: eine Deutsche Nationalelf hat
nur einmal 1972 in einem EM-Spiel ein Elfmeterschießen
verloren! Alles andere wurde gewonnen. Das ist das weltbeste
Ergebnis für Elfmeterschießen. Wir wollen ja nicht
behaupten, dass Italien das Elfmeterschießen verloren hätte,
aber es wäre durchaus möglich gewesen. Aber wer hat denn
vor der WM allen Ernstes daran geglaubt, dass die Klinsmänner
so weit kommen? Während der ganzen WM haben sie nur ein
einziges Spiel verloren, gegen den zukünftigen Weltmeister
Italien. Eine Bilanz die sich durchaus sehen lassen kann! Kurz vor
Ende der WM macht sich auch bei anderen Segler so etwas wie
Fußballbegeisterung breit und wir können einige andere
Deutsche motivieren mit uns in die Sportsbar zu gehen und den
„Adenauer“ zu schwenken. Begeistert schauen wir uns
das Spiel um Platz 3 an und sind am Ende mächtig stolz auf
unsere junge Elf, die 4 Wochen lang wirklich schönen Fußball
gespielt hat.
Lena
macht den gesamten WM-Marathon super mit. Nachdem gegen Ende ja
nur noch zwei bzw. ein Spiel pro Tag stattfindet, halten wir Lena
so lange wach, dass sie erst kurz vor dem Spiel völlig
geschafft im Buggy einschläft. Den Swimmingpools im True Blue
Bay Hotel sei Dank! Und so schaffen wir es tatsächlich, große
Längen der Spiele „ungestört“ gucken zu
dürfen. Und wenn sie wach war, kickte sie ihren kleinen Ball
mit unermüdlicher Begeisterung durch die Sportbar. Ihre
Technik und ihr Ballgespür wurde von Tag zu Tag besser und
sind nach 4 Wochen Fußball-WM wirklich bemerkenswert!!!!
Aber mit
dem Ende der WM kehrt die Routine auf unserem Kahn wieder ein und
damit auch der Basteltrieb des Skippers. Endlich darf er wieder
loslegen... Die Einkaufsliste umfasst so schöne Dinge wie ein
UKW-Funkgerät (bisher haben wir nur eine UKW Handfunke), eine
neue, leistungsfähigere Lichtmaschine, viel viel Kleinzeugs
und was weiß ich nicht noch! Aber Einkaufen ist nur die
halbe Wahrheit, danach kommt der interessantere Teil, das ganze
„Spielzeug“ einbauen, testen und gegebenenfalls
nachbessern. Inzwischen ist auch unser heiß ersehntes Paket
in Grenada angekommen und wartet seit ein paar Tagen auf der Post
auf seinen neuen Besitzer: Unsere neue Kurzwellen-
Amateurfunkanlage, die wir vor 5 Wochen in Deutschland bestellt
hatten. Doch so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten,
funktioniert das Abholen dieses Mal leider nicht. Als Stephan mit
der Paketkarte bewaffnet ins Postoffice marschiert, kann er sein
neues „Spielzeug zumindest schon einmal begutachten. Danach
wird alles wieder eingepackt und zugeklebt. Wir müssen zuerst
zu einem der vielen freiberuflichen Zollagenten (Broker) und dann
beim Zoll die Papiere abgeben, die Gebühren bezahlen und dann
sollen wir wiederkommen und wir bekämen das Paket. Also einen
Zollagenten angerufen und oh je, es ist schon 15:30 und da ist
beim Zoll keiner mehr da. Also am nächsten Tag der zweite
Versuch. In der Früh das Formular C14 beim zuständigen
Zollbüro holen, dann zu unserem Broker, doch der schlägt
die Hände über dem Kopf zusammen; Die Rechnung ist auf
Deutsch und damit nicht vorzeigbar beim Zoll. Dass es hierbei um
Unterschiede wie Koaxialkabel statt coaxialcable oder
Antennentuner statt Antennatuner geht, ist völlig irrelevant,
eine beglaubigte Übersetzung muss her. Nur leider gibt es auf
Grenada keinen amtlich vereidigten Übersetzer für
Deutsch. Wenn man lange genug gesucht hätte wäre
vielleicht irgendwo einer aufzustöbern gewesen, aber so viel
Zeit wollten Stephan, der alleine losgezogen war, damit nicht
verbringen, vor allem da es sich ja nur um 4 Zeilen gehandelt hat.
Nach längerem hin und her wird schließlich folgende
salomonische Entscheidung von einem hohen Zolloffiziellen gefällt:
der Zollbeamte im Postamt soll das Paket in Anwesenheit von
Stephan öffnen und den Inhalt auf der Rechnung
handschriftlich vermerken. Dieser war natürlich sehr angetan
davon, „außerhalb“ seiner Befugnisse etwas „von
Oben herab“ befohlenes auszuführen, musste sich aber
beugen. Jetzt ging die Arbeit des Brokers los, die einzelnen
Posten in ein Formular übertragen, die Gebühr
ausrechnen, Kopien machen , ... Doch kurz vor der Mittagspause war
dann alles geschafft, der Papierpacken konnte beim Zoll zur
weiteren Bearbeitung abgegeben werden. Leider war der zuständige
Beamte schon im Mittag, sollte aber bald wieder zurück sein,
so dass Stephan sich am Nachmittag nochmals mit unserem
Zollagenten traf. Die Zwischenzeit benutzte er um etwas Grünzeugs
auf dem Markt einzukaufen, einen Keilriemen für die neue
Lichtmaschine zu besorgen und im Yachtklub ein kühles Bier zu
trinken. Aber wie es so der Zufall will, hat wohl der Zollbeamte
den Beginn der Mittagspause mit dem Ende des Arbeitstages
verwechselt und war um 15Uhr immer noch nicht da und um 15:30
macht der Laden eh dicht. Also musste Stephan unverrichteter Dinge
wieder heimfahren.
Am
nächsten Tag fuhren wir Drei nach St. George´s und nach
nur 1,5 h Wartezeit durften wir unsere Gebühr bezahlen, die
Papiere abholen, ins Postamt gehen und endlich, endlich unser
Paket mit nach Hause nehmen. Danach noch schnell auf den Markt, um
Faden, Klettverschluss und 6 m Stoff zu kaufen, der hier auf
Grenada unendlich billig und schön ist. Damit darf Evi neue
Polsterbezüge für den Salon nähen, während
Stephan sich an den Einbau und Installation seines neuen
Spielzeugs, der KW-Amateurfunkanlage,heranwagt. Ein 7m
Peitschenantenne am Heck installieren, diverse Meter an Strom- und
Koaxialkabel verlegen, Halterungen einbauen, ... Und dann, nach
einigen Tagen Arbeit der erlösende Griff am Gerät und
siehe da, der Empfang funktioniert bestens. Nur hat sich jetzt
schon wieder der Detailteufel eingeschlichen, denn senden kann die
Anlage nur auf den Amateurfunkbändern, die aber von den
Marinefunkbändern differieren. Der einzige wesentliche
Unterschied zwischen Amateurfunkanlage und Marinefunkanlage ist
der Preis, die Marinegeräte kosten das dreifache! Vom
Innenleben her sind sie sich sehr ähnlich bis baugleich,
empfangen kann man alles, nur die Sendefrequenzen sind eben
unterschiedlich. Aber wie bekommen wir jetzt das ganze
Frequenzband für den Sendebetrieb geöffnet? Auf zum
Händler den es hier nicht gibt, zu einem der lokalen
„Spezialisten“, ...? Aber wie so oft hilft einem immer
jemand weiter und wir finden eine Anleitung wie die Sperre gelöst
werden kann, nur ist dazu ein Eingriff im Gerät notwendig und
damit ist auch die Garantie weg! Aber was macht man nicht alles
für die Kommunikation von Schiff zu Schiff und dem Empfang
von Wetternachrichten und Wetterfaxen?! Endlich sind wir
unabhängig vom Internet und können nun auch auf hoher
See oder in einsamen Buchten unsere Wetterinfos empfangen, bzw.
mit anderen Seglern auch über lange Distanzen per Funk in
Kontakt treten. Auf Antrag der Skipperfrau wird auch noch eine
UKW-Funkanlage eingebaut, so haben wir jetzt die Möglichkeit
mit unserer Handfunke von Strand zu Schiff zu kommunizieren und
bei Bedarf das („Wassertaxi“-) Dinghy zu bestellen.
Auch sind wir nun in der Lage die amerikanischen Wetterkanäle
zu empfangen. Funkgeräte die das können, gibt es in
Deutschland nicht, da ja dort die Wetterkanäle nicht
ausgestrahlt werden. Auf alle Fälle sind wir -was
Kommunikation an Bord betrifft- jetzt bestens ausgestattet!!!
Ein
weiterer Punkt auf unserer Wunschliste ist eine neue,
leistungsfähigere Lichtmaschine. Hintergrund ist der, dass
unser Wassermacher ca. 40 Ampere zieht, (er macht ja auch dafür
60l Wasser pro Stunde). Dann ist oft noch der Wechselrichter (3
Ampere) an um irgendwelche Akkus zu laden, CD zu hören, ...
und wenn der Kühlschrank anspringt (8 Ampere), dann ist
nichts mehr mit Batterieladen trotz Lärm vom Diesel, denn
unsere derzeitige Lichtmaschine schafft bestenfalls 50 Ampere.
Also wollen wir eine Lichtmaschine mit 70-80 Ampere um die
Diesellaufzeiten minimieren zu können. Bei einem Händler
am anderen Ende von St. George finden wir eine solche, stellen
aber leider erst zu Hause fest, dass sie gar keinen Regler hat.
Also das Ding wieder einpacken, mit dem Bus nach St. George´s
fahren, dort umsteigen in einen anderen Bus, bis ans Ende der
Stadt, rein zum Händler und nochmal alles durchstöbern
ob sich nicht noch eine andere findet! Beim zweiten Versuch werden
wir fündig, von den Maßen her passt sie rein, ein
Regler ist auch eingebaut, die Riemenscheibe ist auch passend, nur
die Klemme W fehlt, die für den Drehzahlmesser und
Betriebsstundenzähler benötigt wird! Aber das ist das
geringste Problem, die Lichtmaschine wird zerlegt, und ein Draht
eingelötet und nach außen geführt, wo er als
Klemme W verwendet wird. Dem Internet sei Dank wissen wir sogar wo
wir den Draht anlöten müssen. Doch beim ersten Probelauf
müssen wir leider erneut feststellen, dass auch auch diese
Lima nicht für unsere Zwecke geeignet ist, da sie nur 20A
liefert, weit weniger als versprochen! Also Lima wieder zerlegen,
die Klemme W auslöten, zusammenbauen und beim Händler
zurückgeben, der uns sogar das Geld wiedergibt!
Wir sind
kurz davor, unser Projekt „Lichtmaschine“ zunächst
einmal aufzugeben und auf einen späteren Zeitpunkt zu
verschieben, als wir per Zufall von einem anderen Segler eine 85A
Lima angeboten bekommen, jedoch ohne Regler, Riemenscheibe und
Klemme W. Egal, der Preis ist OK und so nehmen wir sein Angebot
an, lassen bei einem Schrotthändler in St. George eine neue
Riemenscheibe drehen, besorgen uns einen neuen Regler und löten
selbst wieder einmal die Klemme W ein. Inzwischen haben wir darin
ja Übung!!! Stephan wird hier noch zum
Lichtmaschinenexperten! Aber leider ist auch dieser Probelauf
nicht gerade von Erfolg gekrönt, der nigelnagelneue Regler
läuft heiß und gibt Rauchzeichen von sich!! Eine
Fehlproduktion eben! Das kann doch nicht wahr sein!! Kann denn
hier gar nichts reibungslos klappen?? Also Regler auf Garantie
umtauschen, was nur teilweise klappt. Wir bekommen zwar unser Geld
zurück, aber lieber wäre uns ein neuer Regler gewesen.
Doch der Händler verneint einen zu haben. Wahrscheinlich hat
er einen, will aber nicht nochmal ein Risiko eingehen und so läuft
sich Stephan die Hacken wund in St. Georges´s, bekommt aber
nichts passendes. Am Übernächsten Tag starten wir einen
letzten Versuch und fahren 2h mit dem Bus an die Nordwestküste
Grenadas bis nach Gouyave, wo es einen Autoelektriker geben soll,
der angeblich jede Lichtmaschine reparieren kann. Und wir sind
happy, in der Tat hat er einen passenden Regler, baut ihn auch
gleich ein und testet die Lichtmaschine auf einer Testbank. Und
siehe da, sie funktioniert tadellos und wir nehmen unser gutes
Stück wieder mit und bauen sie noch am selben Abend ein:
alles klappt dieses Mal und auch der Probelauf verläuft zu
unserer vollsten Zufriedenheit. Endlich werden auch unsere
Batterien geladen wenn der Motor und der Wassermacher laufen.
Natürlich
nehmen wir die Gelegenheit wahr und verbinden unsere Fahrt nach
Gouyave mit einer kleinen Sightseeing Tour: In einem
Muskatnussbetrieb lernen wir, wie aus der rohen Nuss ein kostbares
Gewürz wird. Nach 6 – 8 Wochen Trocknen und Lagern wird
per Hand die Schale von der Nuss getrennt, die dann als Gewürz
verwendet wird. Nichts geht bei der Produktion verloren, sogar die
vermeidlichen Abfallprodukte haben noch eine sinnvolle Verwendung:
die braune Schale wird als Pflanzendünger eingesetzt, die
rote Haut, die die Muskatnuss umgibt geht je nach Qualität in
die Gewürz- bzw. kosmetische/pharmazeutische Industrie, und
aus der äußeren gelben, weichen Schale wird u.a.
Marmelade hergestellt. In der nahe gelegenen Dougaldston Estate
bekommen wir eine interessante Führung über den Anbau,
und Verarbeitung der wichtigsten Gewürze Grenadas, die nicht
umsonst die „Gewürzinsel“ genannt wird: Zimt,
Nelken, Kakao, Kaffee und Muskatnuss werden hier auf der Insel
kultiviert und weiterverarbeitet. In seinen besten Zeiten
beschäftigte der Produktionsbetrieb an die 200 Leute. Heute
ist die gesamte Anlage ziemlich verlassen und
heruntergewirtschaftet, beschäftigt ca. 20 Leute und gleicht
eher einem verstaubten Museum, als einer Produktionsstätte.
Am 22.
Juli hatte Lena Namenstag und was schenkt man einem fast
zweijährigen Mädchen? Nein, keine Puppe sondern ein
Werkzeugset mit Schrauben, Hammer, Schraubenzieher, Muttern,
Beilagscheiben, Dübel und Tragekoffer dazu. Zwar alles aus
Holz, aber dafür liebt sie es mit ihrem Hammer auf allen
möglichen und unmöglichen Dingen herumzuklopfen und am
ersten Abend muss der Hammer sogar mit ihr ins Bett! Nur gut, dass
ihre Eltern den Hammer dann aus dem Bett herausholen sobald sie
tief und fest schläft.
Was tun
wir denn sonst so den lieben langen Tag, wenn wir uns nicht von
einem technischen Problem zum nächsten hangeln? Wir backen
Brezen! Eines der Dinge die uns am meisten abgehen sind warme
Brezen mit Butter, sogar Lena lässt dafür ihre geliebte
Banane stehen. Also im Internet ein Brezenrezept runtergeladen und
losgelegt. Zugegeben, der erste Versuch war nur halb gut, aber
schon die zweite Charge einige Tage später erfüllte, ach
was, übertraf unsere Erwartungen. Zu dieser Gelegenheit,
warme Brezen mit Weißwurst (wir opferten unsere letzten 4
Dosen), haben wir unsere Münchner Ankernachbarn von der
„Gräfin V“ eingeladen. Eigentlich wollten die
beiden ja schon am Vortag nach Trinidad segeln, aber für ein
Weißwurstfrühstück lichteten sie ihren Anker gerne
einen Tag später. Moni und Hermi sind seit 5 Jahren unterwegs
und schon einmal rum um den Globus, so dass wir viel von ihnen
erfahren konnten, vor allem über den Pazifik in den wir ja
voraussichtlich nächstes oder übernächstes Jahr
überwechseln wollen. Ein wirklich schöner, interessanter
Sonntagvormittag und ein Highlight für unseren bayerischen
Gaumen!
Doch die
tägliche warme Laugenbreze zum Frühstück bleibt
wohl nur unseren Träumen überlassen. Oder ganz
besonderen Anlässen. Dafür ist der Aufwand einfach zu
groß. Jeder Morgen beginnt bei uns spätestens um 7.30
Uhr mit dem fast alltäglichen Cruisers Net (Montag-Samstag) ,
einer morgendlichen Funkrunde rund um St. Georges und Prickly Bay.
Dort erhält man Infos über Wetter, Veranstaltungen,
Dienstleistungen,Sicherheitslage, Verkäufe und Kaufgesuche
von Bootszubehör oder sonstigem. Nachmittags fahren wir immer
an Land um den einen Kilometer zum True Blue Bay Hotel zu laufen,
um dort mit Lena mindestens 1-2 Stunden zu poolen. Ab und zu
fahren wir auch mal mit unserem großen Rucksack zum
Einkaufen nach St. George`s oder ratschen bei der Happy Hour der
Prickly Bay Marina mit anderen Seglern und lassen uns dort die
wohl beste Pizza der Insel schmecken, echt italienisch, hmmmm!!
Ansonsten leiden wir im Moment wohl eher unter dem heißen,
leider manchmal zu schwülen Klima. 85% Luftfeuchtigkeit bei
32°C ist doch etwas zu viel für uns und unsere armen
Pinguine. Doch wer Abkühlung braucht, der darf gerne mit der
Spachtel ins Wasser springen und den Rumpf von unliebsamen Getier
befreien. Vor allem der Propeller ähnelt mehr einer
Seepockenzucht als einem wohlgeformten Metallteil und unsere
Ankerkette würde ohne Frage als unter Naturschutz stehender
Meerespark durchgehen! Kein Wunder, immerhin sind wir nun fast
seit 2 Monaten hier in Prickly Bay/Grenada, obwohl wir eigentlich
nur kurz bleiben wollten.
Wir
glauben es selbst kaum, gegen Ende des Monats ist es tatsächlich
soweit: wir machen das Schiff schön langsam startklar für
unsere Weiterfahrt. Im nahegelegenen Cash und Carry kaufen wir
kräftig ein, um unsere Vorräte an Säfte, Rum,
Dosengemüse, Kokosmilch, Erdnussbutter, Nudeln und Milch für
die nächsten 3 Monate aufzustocken. Da wir planen, die meiste
Zeit des karibischen Sommers auf Tobago zu verbringen, wollen wir
hier auf Grenada noch schnell unser Schiff mit preisgünstigen
Waren voll laden, da die Versorgungslage auf Tobago bei weitem
schlechter sein wird. Erst in Venezuela werden wir wieder
Gelegenheit haben, billig einzukaufen. Doch dort wollen wir erst
Ende Oktober sein. 3 Einkaufswägen voll schieben wir zur
Kasse, bezahlen und lassen den gesamten Einkauf schön in
Kartons verpackt zum Boot liefern. Das ist ein Service! Wir sind
begeistert, wie einfach, unkompliziert und schnell das klappt! Die
Ware wird pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt in der Prickly
Bay Marina angeliefert, was man in der Karibik nicht unbedingt
erwarten kann, da hier die GMT („Grenada maybe time“)
gilt . Noch ein letztes Mal mit dem Minibus nach St. George, um
Frischproviant zu kaufen, und dann kann es definitiv losgehen.
Doch bevor es nach Tobago geht, planen wir einen Abstecher nach
Carriacou, der Insel nördlich von Grenada, wo wir bereits
Ende Mai waren. Es gibt 2 Gründe, warum wir dorthin zurück
wollen: Erstens findet dort vom 30.Juli – 7.August die
traditionelle Holzbootregatta statt, mit jeder Menge Tamtam,
Events und Veranstaltungen. Eine Woche lang Party, das wollen wir
uns natürlich nicht entgehen lassen. Zweitens ist es von
Carriacou aus einfacher, nach Tobago zu segeln. Da Tobago im
Südosten von Grenada liegt, und Südostwind der
vorherrschende Wind hier in der Gegend zu dieser Jahreszeit ist,
würden wir die gesamte Strecke gegen Wind, Welle und Strömung
fahren. Carriacou dagegen liegt in einem besseren Winkel zu
Tobago, so dass wir es mit ein wenig Glück mit einem
Am-Wind-Kurs ohne Korrekturschlag schaffen könnten.
Am
30.Juli um 8 Uhr morgens ziehen wir unseren Anker heraus, nehmen
Abschied von Prickly Bay und unseren Schiffsnachbarn und machen
uns auf den Weg nach Carriacou. Eigentlich sollte die Fahrt
dorthin problemlos sein, 15-20 Knoten aus E/SE sind für heute
prognostiziert. Doch zunächst merken wir nichts davon. Wir
motoren die Südküste von Grenada entlang und wollen uns
entlang der Luvküste der Insel nach Norden hocharbeiten.
Schon nach kurzer Zeit haben wir bereits 2 Knoten Strom gegen uns,
der uns die ganze Strecke über begleitet. Bei 4,8 Knoten
Fahrt durch Wasser kommen wir mit nur 2,8 Knoten Fahrt über
Grund voran. Mühsam, mühsam. Dabei war die Fahrt von
Carriacou nach Grenada vor 2 Monaten wirklich gemütlich und
schön. Es ist bereits 3 Uhr nachmittags, als endlich ein
wenig Wind aufkommt, der es uns erlaubt, die Segel zu setzen. Wir
sind nun zwar 1 Knoten schneller als unter Motor, doch noch immer
bremst uns der Gegenstrom gewaltig. Außerdem ist aus dem
vorhergesagten E/SE nun ein 3er NE geworden. Statt gemütlichem
Halbwind- bis Raumschotkurs nun also ein Am-Wind-Kurs und Wind auf
die Nase! Schon bald merken wir, dass wir unser anvisiertes Ziel,
die Tyrell Bay in Carriacou, heute vor Anbruch der Dunkelheit
nichts mehr schaffen. Kurzentschlossen suchen wir den Ankerplatz
Corn Store Bay auf Ronde Island auf, der ca. 12 sm südlich
von Carriacou liegt. Eine herrliche, naturbelassene Bucht ganz für
uns alleine. Zum ersten Mal seit langem sehen wir wieder jede
Menge Fische im glasklaren Wasser, und sogar ein paar Pelikane
tummeln sich hier in der Bucht und halten nach Nahrung Ausschau.
Wir nehmen noch ein erfrischendes Bad und genießen die
Stille und Einsamkeit auf dieser von nur ca. 20 Fischern bewohnten
kleinen Insel.
Gleich
am nächsten Morgen geht es weiter. Immerhin bläst heute
der Wind aus ESE mit 3-4 bft., was die Sache um einiges angenehmer
und leichter macht. Da uns der Strom heute mit 2 Knoten nach
Westen drückt müssen wir aufkreuzen, um schließlich
in die Tyrell Bay zu gelangen. Endlich geschafft. Fast 60 sm zeigt
unsere Logge seit Verlassen der Prickly Bay an! Wenn man die
Entfernung auf der Seekarte misst, kommt man auf ca. 40 sm! Kaum
zu glauben, wie stark die Abdrift bei 2 Knoten Gegenstrom ist!
Hier in der Tyrell Bay fühlen wir uns sofort wohl. Das Wasser
ist deutlich klarer, die Strände sauberer und schöner
und das Wetter nicht so schwül als in Prickly Bay/Grenada.
Einzig und allein die Versorgungslage hier ist nicht optimal.
Große klimatisierte Einkaufszentren mit allem, was das Herz
begehrt und einen täglichen Markt für frisches Obst und
Gemüse werden wir hier nicht finden. Aber es gibt genügend
Tante Emma Läden und Minimärkte, die alles für den
täglichen Bedarf vorrätig haben. Und das genügt uns
im Moment auch voll und ganz.
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August:
Die 41. Carriacou Regatta hat begonnen! Die Bucht in der Tyrell
Bay ist inzwischen proppevoll. Fast 90 Boote haben hier ihren
Anker geworfen. Keiner will sich dieses Mega-Event entgehen
lassen. Kein Wunder, das vielseitige Veranstaltungsprogramm
verspricht neben interessanten Bootsrennen auch jede Menge Spiel,
Spannung und Spaß. Die ersten Rennen starten zwar erst gegen
Ende der Woche, dafür ist in den Tagen davor bereits einiges
geboten: die Wahl der Miss Aquaval (Miss wet T-Shirt),
Socca-Party, Konzerte, u.v.m. Viele dieser Veranstaltungen finden
in Hillsborough, der Hauptstadt und Zentrum der Insel, statt. Doch
auch die Seglergemeinde in der Tyrell Bay hat ein interessantes
Rahmenprogramm zur Regatta auf die Beine gestellt: Dominospiele,
Strandwettbewerbe, Barbecues, Dry-T-Shirt Contest, Segler-
Flohmarkt und eine Versteigerung. Der gesamte Erlös hieraus
kommt dem Carriacou Children´s Education Fund (CCEF) zugute,
einer lokalen Hilfsorganisation, die bedürftige Kinder in
Carriacou und Petit Martinique beim Kauf von Schuluniformen,
Büchern, Lehrmaterial und Schreibutensilien unterstützt.
Startschuss für die Aktivitäten in der Tyrell Bay ist
das alljährliche Barbecue im Garten des Yachtclubs, das wir
uns selbstverständlich nicht entgehen lassen. Einen besseren
Rahmen für eine gelungene Grillparty kann man sich kaum
vorstellen; ein herrlich grüner, bewachsener Garten mit
schattigen Bänken und Sitzgelegenheiten und genügend
Platz zum Herumtollen. Für uns ist der Yachtclub in der
Tyrell Bay einer der schönsten und gemütlichsten hier in
der Karibik. Auch das Wetter spielt mit, so dass die Party ein
voller Erfolg wird: wir treffen einige Bekannte wieder, lernen
auch viele neue Segler kennen, ratschen uns von einem zum anderen
und tauschen Erfahrungen aus. Da im Rahmen des Barbecues auch ein
Dry-T-Shirt Wettbewerb stattfindet, haben wir natürlich
unsere verrücktesten T-Shirts angezogen. Stephan trägt
sein Mimpi Manis Segler T-Shirt, und Evi das T-Shirt, dass wir als
Abschiedsgeschenk von unseren Dorfenern Bekannten bekommen haben:
8 Pinguine mit den Köpfen unserer Freunde. Ein Bild zum
Schießen!! Das T-Shirt schlägt ein wie eine Bombe! Alle
lachen sich halb kaputt, finden es wirklich witzig und am Ende
gewinnt Evi´s Pinguin T-Shirt den ersten Preis in der
Kategorie „das verrückteste T-Shirt“. Immerhin,
eine Flasche Sekt und ein kleines Spielzeug für Lena springen
dabei heraus!!! Das hat sich wahrlich gelohnt. Zum krönenden
Abschluss für einen gelungenen Abend packen einige Segler
ihre Gitarre aus und fangen zum singen an. Wir lauschen der
schönen Musik und genießen die tolle Atmosphäre.
Zu schade, dass der Abend für uns viel zu früh zu Ende
geht, aber Lena ist inzwischen todmüde und will ins Bett.
Auch die
Versteigerung am Freitag ist ein voller Erfolg. Viele Segler und
ansässige Betriebe beteiligen sich daran mit einer
Sachspende. Wir stiften 2 unserer Wasserkanister, die wir -da wir
ja nun einen Wassermacher haben- nicht mehr brauchen. Alles
erdenklich mögliche kommt unter den Hammer und findet einen
neuen Besitzer: ein altes Dinghi, ein Windgenerator, selbst
gebackene Plätzchen, Tauchutensilien, Gutscheine für ein
Abendessen, Tauchgänge und 1 x Boot herausholen incl. 1 Woche
hoch auf dem Trockenen, u.v.m. Insgesamt wurden bei den
Veranstaltungen und Aktivitäten mehr als 13.000 EC$ (ca
.5.000 US $) eingespielt, eine beachtliche Summe, die den Kindern
hier auf Carriacou zugute kommen wird!! Großen Dank hierbei
an die Hauptorganisatoren John und Melodye von der SY Second
Millenium und all ihren Helfern, die seit 6 Jahren auf diese Weise
Geld sammeln und das hiesige Bildungssystem unterstützen.
Die
eigentliche Regatta startet am Wochenende: Yachtrennen, Regatta
für traditionelle Holzboote und Workboats, Optimistenrennen,
etc... Viele der in der Tyrell Bay vor Anker liegenden Yachten
beteiligen sich an der Yachtregatta. Auf die Idee mitzumachen
wären wir ehrlich gesagt gar nicht gekommen. Wir sind
inzwischen begeisterte Ankerlieger, und schauen lieber den anderen
dabei zu, wie sie mit gesetzten Segeln um die Wette fahren. Am
meisten interessiert uns jedoch die traditionelle Holzbootregatta,
die am Folgetag vom Paradise Beach aus startet. Das wollen wir uns
nicht entgehen lassen. Wir packen unsere Badesachen ein, und
fahren mit dem Minibus dorthin. Nachdem wir den Start verfolgt
hatten, verbringen wir den Rest des Nachmittags am wunderschönen
Paradise Beach. Sonntag und Montag beginnt der Endspurt in
Hillsborough. Gegen Mittag startet das offizielle Rahmenprogramm:
Radrennen, Beachvolleyball, Schwimmwettbewerbe, Seilziehen,
Biertrinkwettbewerb, Spiel ohne Grenzen, Eselrennen, und noch
vieles mehr. Es gibt zwar einen offiziellen Zeitplan, doch so
recht interessiert sich keiner dafür. Manches findet um ein
paar Stunden verspätet statt, anderes wiederum überhaupt
nicht, da sich keine Teilnehmer finden. Kurz und gut, es herrscht
ein schlecht organisiertes Chaos, aber das Schöne ist, das
sich keiner daran stört. Die Stimmung ist super, die Leute
feiern ausgelassen und freuen sich über 2 Tage Party Non
Stop. Das ist eben Karibik pur! Nachdem wir vergeblich ein paar
Stunden lang auf das groß angekündigte Eselrennen
gewartet haben, fahren wir bei Anbruch der Dunkelheit zurück
in die Tyrell Bay, wo zum Abschluss der Regatta wieder eine
Grillparty im Garten des Yachtclubs stattfindet. Dort tobt
inzwischen der Bär, es wird gefeiert, gegessen und getrunken.
Lena hält noch ein paar Stunden durch, dann bricht sie
schließlich zusammen. Der Tag war einfach zu aufregend für
sie!!!
Mit Ende
der Regatta leert sich auch langsam wieder das Ankerfeld und die
Anzahl der Boote schrumpft auf eine überschaubare Zahl
zusammen. Wir verbringen viel Zeit am Strand und erholen uns von
den ereignisreichen Tagen der letzten Woche. Lena hat hier in der
Bucht eine neue kleine Spielkameradin gefunden: Rosie aus England,
2 ½ Jahre von der SY Ciao. Die beiden Mädels verstehen
sich nach anfänglicher Scheu prächtig und so treffen wir
uns immer wieder mal am Strand zum Spielen.
Da die
Versorgungslage hier in der Tyrell Bay, was frisches Obst und
Gemüse betrifft, bescheiden ist, fahren wir donnerstags meist
nach Hillsborough zum Einkaufen. Die Fähre von Grenada trifft
hier auf der Insel in der Regel am Mittwoch Nachmittag ein, so
dass am nächsten Morgen die Geschäfte in der Hauptstadt
der Insel mit frischen Lebensmitteln gefüllt sind. Die Preise
und die Auswahl stehen zwar in keinem Vergleich zur Schwesterinsel
Grenada, aber immerhin bekommen wir das Nötigste, auch wenn
wir ein paar EC mehr dafür ausgeben müssen. Die Fahrt
quer durch die Insel mit dem Minibus ist ein kleines Erlebnis für
sich: Schmale, kurvenreiche Straßen durch herrliche, üppige
Vegetation. Carriacou gefällt uns, es ist eine richtig
schöne, gemütliche kleine Insel, wo der Tourismus bisher
kaum Fuß gefasst hat. Als wir das erste Mal vor gut 2
Monaten hier waren hatten wir keine Gelegenheit, die Insel näher
kennen zu lernen. Zu schnell sind wir von hier aus weiter nach
Grenada gesegelt.
Doch
auch dieses Mal wollen wir nicht allzu lange bleiben. Sobald die
Winde günstig wehen planen wir von hier aus weiter nach
Tobago zu segeln. Und siehe da, für den 11. August verspricht
der Wetterbericht NE-E Winde mit 10-15 Knoten. Das ist doch was!
Bessere Bedingungen werden wir kaum noch bekommen. Kurz vor der
geplanten Abfahrt schaffen wir es sogar, unser altes kleines
Dinghi zu verkaufen, das seit St. Maarten unbenutzt und schön
verpackt auf dem Vordeck verstaut herum liegt. Wir sind zufrieden
mit dem Deal, das Geld können wir gut gebrauchen und den
Platz ebenso. Am Freitag morgen machen wir schließlich das
Schiff startklar für die Abfahrt nach Tobago. Alles ist
bereits verstaut, die Segelpersenninge abgenommen, der Windpilot
wieder funktionstüchtig gemacht, die Ankersteuerung
eingeschaltet, fehlt nur noch der Zündschlüssel, um den
Motor zu starten. In diesem Augenblick kommt Dirk, unser neuer
Ankernachbar von der „Carpe Diem“ mit dem Dinghi
vorbei um Hallo zu sagen. Seit 4 Jahren segelt er mit seiner Frau
Heike und 2 Kindern in der Karibik und kennt fast alles und jeden.
Als wir ihm von unseren Plänen berichten, versucht er, uns
die Sache auszureden: die Ankerplätze auf Tobago seien extrem
schwellig, das Wasser zu dieser Jahreszeit grün und trüb,
da es vom Orinoco hoch
kommt, angeblich regnet es dort um einiges mehr als in Carriacou,
und überhaupt, wenn man am Wochenende ankommt, darf man erst
mal kräftig "Wochenendzuschlag" beim Einklarieren
zahlen. Da die Küstenwache angeblich täglich die Buchten
abfährt, ist es auch keine gute Idee, mit dem Einklarieren
bis zum Montag zu warten, denn wenn man ohne
Einklarierungsbescheid erwischt wird, wird die Sache erst recht
teuer und unangenehm!!! Und überhaupt, warum nach Tobago?
Hier in Grenada/Carriacou sei es mindestens genauso schön!!
Wir waren nach seinem Monolog so verunsichert, dass wir das Ganze
erst mal in aller Ruhe zu zweit diskutierten und beschlossen, die
Abfahrt zunächst einmal zu vertagen, um uns noch von anderen
Seglern Infos über Tobago einzuholen, von denen wir wussten,
dass sie bereits seit Juli auf Tobago sind. Einerseits wollen wir
uns nicht von einer einzigen negativen Meinung abhalten lassen, da
wir bisher eigentlich nur
Positives über die Insel gehört haben. Andererseits
läuft uns Tobago aber auch nicht davon. Vielleicht wäre
es vernünftiger erst nächstes Jahr dorthin zu segeln,
aber nicht erst im August/September sondern bereits zu Beginn der
Regenzeit im Mai/Juni? Das hätte den Vorteil, dass das Wetter
um einiges stabiler und trockener ist und auch die Hurrikangefahr
ist um diese Jahreszeit deutlich reduziert. Tobago hat nämlich
keine Hurrikanschlupflöcher und gut geschützten Buchten.
Im Falle eines Hurrikans sollte man also schleunigst die Insel
verlassen und sich auf den Weg nach Venezuela oder Grenada machen.
Bisher wurde die Insel zwar von größeren Stürmen
verschont, aber wer weiß? Bis vor 2 Jahren galt Grenada
ebenfalls als hurrikansicher. Trotz allem Für und Wider, zu
einer definitiven Entscheidung sind wir bisher nicht gekommen. Nur
eines steht für uns fest: Wir wollen Tobago sehen, die Frage
ist nur wann??
Zu
unserer wichtigsten Aufgaben gehört es zur Zeit, täglich
mindestens einmal den Wetterbericht zu hören, um vor
drohenden Hurrikanen gewarnt zu sein und rechtzeitig reagieren zu
können. Da die Gegend um Grenada und Carriacou in den
vergangenen 2 Jahren stark getroffen wurde, sind wir extrem auf
der Hut! Bisher ist es hier in der Karibik sehr, ja gerade zu
verdächtig ruhig. Es ist bereits Ende August und
erst 1 tropischer Sturm ist über die nördlichen
Karibikinseln gefegt. Doch der aktivste Monat September steht uns
erst noch bevor. Was ist also zu tun, wenn sich ein tropischer
Sturm oder Hurrikan Grenada bzw. Carriacou nähert? Je nach
Stärke, Zugbahn und zur Verfügung stehender
Reaktionszeit gibt es mehrere Möglichkeiten: die Laguna
Grande bzw. das Orinoco Delta in Venezuela, die Port Egmont Bucht
in Grenada oder die Mangrovenlagune hier auf Carriacou. Letztere
wollen wir uns genauer anschauen, da sie nur einen Katzensprung
von unserem derzeitigen Ankerplatz entfernt liegt. Mit dem Dinghi
fahren wir in die Lagune hinein, einem wunderschönen
Naturschutzgebiet, das aus 2 großen nacheinander liegenden
Mangroven-Becken besteht. Das äußere ist – was
die Tiefe betrifft- problemlos zu erreichen, ist voraussichtlich
im Ernstfall bis auf den letzten Platz gefüllt und bietet
zwar in den Mangroven Schutz vor Wind und Welle, doch bei weitem
nicht so optimal wie das innere, weiter in der Lagune liegende
Becken. Problematisch daran ist die niedrige Wassertiefe bei der
Einfahrt in das 2.Becken, die selbst bei Hochwasser nicht mehr als
1,40 m beträgt. Nur wenige Boote mit Ausnahme von Katamaranen
haben so wenig Tiefgang. Die „Mimpi Manis“ müsste
es eigentlich schaffen, da wir einen Tiefgang von 1,30 m haben,
doch knapp wird es alle Mal. Bei unserer Erkundungstour werfen wir
besonders ein Auge auf die seichten Stellen und loten mit Hilfe
des Paddels die Wassertiefe an verschiedenen Stellen. Wer weiß,
ob wir es nicht irgendwann einmal brauchen?! Wir wollen es auf
alle Fälle nicht hoffen.
Ein
paar Tage später schon brechen wir von Carriacou aus auf.
Nach 3 Wochen haben wir wieder einmal Lust auf einen Ortswechsel.
Unser Ziel sind die Insel Mayreau und die Tobago Cays (die zum
Staate St. Vincent & Grenadines gehören und nichts mit
Tobago zu tun haben) ein paar Seemeilen nördlich von hier.
Unsere Aufenthaltsgenehmigung läuft aus und nach insgesamt 2
½ Monaten und bereits einer Verlängerung wollen wir
nun wenigstens für 1-2 Wochen den Staat Grenada verlassen.
Nachdem wir in Hillsborough ausklariert haben, segeln wir die ca.
10 sm bis Union Island. Wie immer werfen wir unsere Angel aus,
vielleicht haben wir ja dieses Mal mehr Glück. Seit wir in
der Karibik sind haben wir keinen einzigen Fisch gefangen. Traurig
aber wahr, die Meere hier sind zum Teil bedrohlich leer gefischt!
Doch plötzlich biegt sich die Angel und die Leine spult ab.
Wir werden doch nicht etwa????? OH NEIN !!!!!! Ein großer
Fregattvogel hat sich mit seinen Krallen in unserem Köder
verfangen und hängt nun hilflos zappelnd an unserer Leine!!!
Das arme Tier wird erbarmungslos hinter unserem Boot
hergeschleppt, taucht immer wieder ins Wasser ein und scheint kurz
vor dem Ertrinken zu sein. Wie bekommen wir das Viech bloß
frei? Doch als Stephan langsam die Angel einholt, kann es sich zum
Glück von selbst befreien. Völlig benommen bleibt der
Vogel schwimmend auf dem Wasser zurück und muss sich erst
einmal von seinem Schock erholen. Scheint ja noch einmal gut
gegangen zu sein. Ob er beim nächsten Mal ein wenig
vorsichtiger bei der Wahl seines Mittagessen´s sein wird?
Wir sind ehrlich gesagt auch froh, dass uns ein gebratener
Fregattvogel zum Abendessen erspart bleibt :-)).
Unser
Zwischenstop auf Union Island dient lediglich dazu, einzuklarieren
und uns mit nötigem Frischproviant und Brot zu versorgen,
bevor wir nach Mayreau und zu den unbewohnten Inseln der Tobago
Cays weiterfahren. Bei der Gelegenheit wollen wir auch gleich
unsere 11 l Gasflasche füllen lassen, doch wir stellen leider
fest, dass die Preise hier horrend sind. Auf St. Lucia haben wir
gerade mal knapp über die Hälfte gezahlt. Die Aktion
wird also abgebrochen und auf später vertagt. Im Moment haben
wir noch genügend Gas für die nächsten 3 Monate.
Gleich am nächsten Morgen geht es weiter. Nur ein paar
Seemeilen trennen uns von der schönen Insel Mayreau. In der
Salt Whistle Bay werfen wir unseren Anker für ein paar Tage.
Es ist eine herrliche, idyllische Bucht, die wir bei unserem
letzten Besuch nur zu Fuß besichtigt hatten. Damals war noch
Segelsaison, und die Bucht war bis zum Rande voll. Inzwischen
haben sich die meisten Segler bis Trinidad oder Venezuela
zurückgezogen, nur ein paar vereinzelte Ausflugsboote und
Charterkatamarane haben sich in diese schöne Bucht verirrt.
So haben wir den Strand fast für uns alleine!
Danach
geht es weiter zu den Tobago Cays. Auch hier herrscht gähnende
Leere. 10 – 15 Boote ankern hier im Moment, 90 % davon sind
Charterboote, die maximal 1 -2 Tage bleiben, und dann weiter
segeln. Vor 3 Monaten noch waren schätzungsweise 50 Boote
hier vor Anker. Leider spielt das Wetter nicht so recht mit. Jeden
Tag kräftige Regenschauer, starke Bewölkung und auch das
Wasser hat seine tolle türkis-blaue Farbe verloren und ist
knallegrün. Als wir dann beim Abhören des Wetterberichts
über Funk erfahren, dass sich ein Tief (tropical depression)
südöstlich von uns gebildet hat, das uns in 2 Tagen mit
bis zu 40 Knoten Wind und heftigen Schauern erreichen wird, steht
für uns der Entschluss fest: nichts wie weg und so schnell
wie möglich zurück nach Carriacou in die geschützte
Tyrell Bay. Zwar ist der Ankergrund in den Tobago Cays phänomenal
gut, aber die kleinen Inseln bieten keinerlei Schutz vor starken
Böen. Schneller als geplant sind wir also gezwungen, die Cays
wieder zu verlassen. Ein 5 er NE Wind bläst uns mit 6-7
Knoten durchs Wasser und in Windeseile erreichen wir die Tyrell
Bay auf Carriacou. Beim Einklarieren in Hillsborough meinte der
zuständige Beamte lächelnd: „welcome back“.
Immerhin, wir haben es doch glatt geschafft, den Staat Grenada für
1 Woche zu verlassen! Wir lassen uns gleich einmal ein 2
Monatsvisum geben, wer weiß, wie lange wir dieses Mal hier
hängen bleiben?! Somit ist unsere Aufenthaltsgenehmigung bis
Ende Oktober gesichert!
In
der Tyrell Bay herrscht indes die berühmte Ruhe vor dem
Sturm. Wir haben es noch rechtzeitig geschafft. Nach einer ruhigen
Nacht nimmt der Wind im Laufe des Tages immer mehr an Stärke
zu. Dummerweise gibt ausgerechnet heute morgen noch unsere
Klopumpe den Geist auf! Nichts geht mehr! Pumpe und Leitung
verstopft. Da wir keine große Lust haben, für unser
„Geschäftchen“ immer ins Wasser zu hüpfen
bzw. achtern zu pinkeln, noch dazu während der Sturm über
uns hinweg fegt, macht sich Stephan sofort an die Arbeit, die
Pumpe auszubauen und zu reinigen. Ein im wahrsten Sinne des Wortes
„Scheiß Job“. Uns war klar, dass uns das
irgendwann einmal bevorsteht, aber muss das ausgerechnet jetzt
sein? Kurz vor Sonnenuntergang ist es endlich geschafft und unser
Klo Gott sei Dank wieder einsatzfähig. In der Zwischenzeit
ist ein Teil der Boote Anker auf gegangen und hat Schutz in der
Mangrovenlagune gesucht. Wir entschließen uns – wie
viele andere Boote auch- den Sturm in der Ankerbucht abzuwettern.
Das Zentrum des Sturms sollte einige Seemeilen südlich von
uns vorbeiziehen, so dass die prognostizierte Windstärke 40
Knoten nicht überschreiten sollte. Gegen Abend dreht der Wind
auf S und entsetzlicher Schwell läuft in die Bucht herein!
Stundenlang wird unser Boot von einer Seite auf die andere
gebeutelt und die geplante Pizza zum Abendessen fällt aus.
Später dreht der Wind wieder auf Ost und nimmt an Stärke
zu. Immerhin, wenigstens hört der Schwell dadurch auf. Doch
nun geht es erst richtig los. Der Wind heult im Rigg und lässt
keinen so recht schlafen. Immer wieder ergießen sich
kräftige Regenschauer über unser Boot. Als wir gegen 1
Uhr morgens mit einem Rundumblick die Lage checken wollen, merken
wir mit Schreck, dass unser Anker slippt und wir geradezu auf ein
ankerndes Boot treiben. Von unserem ursprünglichen Ankerplatz
sind wir bereits über 100 m entfernt!!! Nichts wie Anker auf
und im letzten Moment weg bevor es kracht! Das war wirklich knapp!
Es gibt bei Leibe schönere Dinge als bei 40 Knoten Wind und
stockdunkler Nacht erneut zu ankern. Doch schon der erste Versuch
scheint zu klappen und der Anker hält. Für den Rest der
Nacht machen wir abwechselnd Ankerwache, so recht trauen wir der
Sache nicht mehr. Erst gegen 5 Uhr morgens lässt der Wind ein
wenig nach. Das Schlimmste wäre überstanden. Aus der
tropical depression ist inzwischen ein tropical storm geworden,
der den Namen „Ernesto“ bekommen hat. Ein paar Tage
später entwickelt sich Ernesto sogar kurzzeitig zum Hurrikan,
der Haiti und Kuba heimsucht.
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September:
Es wird Zeit, dass sich bei uns was tut !!! So gerne wir vor Anker
liegen, aber schön langsam wird’s langweilig. Seit fast
3 Monaten haben wir uns kaum noch wegbewegt, lediglich die Fahrt
hoch nach Carriacou und der Ausflug in die Tobago Cays. Da das
Wetter wieder einmal günstig steht, beschließen wir
kurzerhand, nun doch endlich nach Tobago aufzubrechen. Nichts und
niemand soll uns dieses Mal davon abhalten. Mit dem Minibus fahren
wir am morgen noch schnell nach Hillsborough, um auszuklarieren
und einzukaufen und gegen Mittag sind wir schließlich
abfahrbereit. 100 Seemeilen liegen vor uns. Die ersten 5 ½
Stunden müssen wir motoren, danach kommt genügend Wind
auf, und wir können die Segel setzen. Ein schöner 3 er
Ostwind, später dann ENE bläst uns um die Nase, und
treibt uns mit durchschnittlich 5 Knoten Geschwindigkeit voran.
Trotz Am-Wind-Kurs ist es ein gemütliches Segeln, es geht
besser und schöner als erwartet. Kurz vor Morgengrauen sehen
wir bereits die Lichter von Tobago. Da der Wind in der
Landabdeckung der Insel wieder deutlich abnimmt und auf ESE dreht,
sind wir erneut gezwungen, den Diesel anzuwerfen und die
verbleibenden 2 Stunden bis zur Ankunft in Charlotteville entlang
der Nordküste zu motoren. Zum ersten Mal seit langem sehen
wir auch wieder Delfine, die eine Zeit lang unser Boot begleiten,
bevor sie abdrehen und davon schwimmen. Lena ist hell auf
begeistert: „Flippi, Flippi“ schreit sie. Gegen 9 Uhr
morgens erreichen wir die Man of War Bay bei Charlotteville. Wir
werfen unseren Anker und sind erst mal beeindruckt von diesem
herrlichen Ankerplatz vor schon fast spektakulärer Kulisse.
Tropisch grüne Hügel umrahmen die kleine Ortschaft, ein
wunderschöner Strand liegt direkt vor uns, gleich dahinter
beginnt -wie es scheint- der Dschungel. Außer lautem
Vogelgekreische und -gekrächze ist kaum ein Laut zu hören.
Traumhaft! Das also ist die berühmte Robinson-Insel, die in
dem Buch von Daniel Defoe beschrieben wird und auf der Robinson
Crusoe 27 Jahre lang gelebt hat! Wir sind heilfroh, dass wir doch
noch hierher gekommen sind. Allein dieser Ankerplatz, den wir mit
5 weiteren Boten teilen, ist die Reise wert!
Schon
kurze Zeit später sind wir bereit für den Landgang, um
die Ortschaft zu erkunden. Charlotteville ist ein hübsches,
verschlafenes kleines Fischerdorf, es gibt ein paar Restaurants,
Minimärkte, eine kleine Wäscherei, eine Bücherei,
wo man kostenlos ½ Stunde internetten darf (keine E-Mails)
und einen ATM – Geldautomat. Die Zeit scheint hier ein
bisschen langsamer zu gehen als anderswo, doch die Leute sind
freundlich und zurückhaltend. Auch die Beamten von Zoll und
Immigration sind nett, und schenken uns beim Gehen sogar ein paar
Früchte!!!
Ein paar
Tage nach unserer Ankunft in Charlotteville treffen wir nach
langer Zeit Claudia und Edgar von der Morgi wieder. Die beiden
sind schon seit einer guten Woche im Süden der Insel und
haben nun ebenfalls den Weg hierher in den Norden geschafft. Wir
freuen uns sehr über das Wiedersehen, es gibt viel zu
erzählen und auch Lena ist -nach anfänglicher Scheu-
völlig begeistert von den beiden. Sie ist total vernarrt in
Edgar und würde am liebsten gar nicht mehr die Morgi
verlassen. Wir verbringen eine wunderschöne Zeit hier in der
Bucht, spielen am Strand, erkunden per Dinghi die herrliche
Umgebung, machen einen Spaziergang hinauf zum Fort Cambleton, von
wo aus man einen tollen Blick auf die Bucht hat und gehen am
nahegelegenen Riff schnorcheln. Das Wasser ist zwar ziemlich grün
und die Sicht aus diesem Grund nicht besonders, dafür werden
wir anderweitig belohnt: 1 Schildkröte, 2 große Rochen
und jede Menge bunter Fische!!!
Da wir
auch die nähere Umgebung von Charlotteville erkunden wollen,
machen wir ein paar Tage später einen Ausflug mit dem
öffentlichen Bus entlang der Nordostküste bis
Roxborough, um von dort aus die Argyle-Wasserfälle zu
besichtigen. Das Bus fahren hier ist billig, nur leider ist die
Verbindung hier im Norden der Insel nicht besonders gut und nur
alle 2-3 Stunden geht ein Bus in Richtung Scarborough und wieder
zurück. Wir brechen in aller Frühe auf, um möglichst
viel von dem Tag zu haben. Der Weg zu den Wasserfällen ist
nur mit Führer möglich, der im Eintritt inklusive ist.
Dafür erfährt man jede Menge über Flora und Fauna.
Mit am faszinierendsten sind für uns die über 3 m hohen
Brennnesselstauden. Die Argyle-Fälle selbst fallen in 3
Stufen nach unten und laden zum erfrischenden Bad ein. Am frühen
Nachmittag wollen wir uns schließlich langsam auf den
Rückweg machen. Doch irgendwie scheinen wir ein wenig Pech zu
haben, den Bus zurück nach Charlotteville haben wir nur um
ein paar Minuten verpasst. Jetzt heißt es warten, warten,
warten. Alle Busse und Minibusse, die an uns vorbeifahren, sind
Schulbusse, die keine Passanten mitnehmen. Endlich, nach 3 Stunden
des Wartens kommt der Bus aus Scarborough, doch auch der bleibt
nicht stehen, da er bereits voll besetzt ist!!!! Nochmals 2 –
3 Stunden Warten kommt nicht in Frage, inzwischen ist es schon 17
Uhr!! Wir wollen zurück, egal wie. Schon kurz darauf haben
wir Glück. Ein Minibus, der offiziell nur bis Speyside fährt
nimmt uns mit und bringt uns gegen ein kleines Aufgeld sogar bis
Charlotteville. Wir sind heilfroh, noch vor Anbruch der Dunkelheit
zurück zu sein. Für einen Ausflug von nur je 15 km hin
und zurück waren wir einen ganzen Tag unterwegs! Unser
nächster Landausflug wird definitiv mit dem Mietauto sein.
Mit einem Kleinkind 3 Stunden an einer Bushaltestelle zu warten
ist nämlich kein Spaß! Trotz allem, Lena hat sich echt
gut gehalten, und ist schließlich während des Wartens
in unseren Armen eingeschlafen.
Nach 1
Woche Charlotteville wollen wir langsam weiter und mit dem Boot
die Küste erkunden. Obwohl wir Tobago nicht verlassen, müssen
wir in Charlotteville ausklarieren. Für den südlichen
Teil der Insel ist nämlich der Zoll und die Immigration von
Scarborough zuständig, was bedeutet, dass wir dort bei
Ankunft natürlich wieder einklarieren müssen. Warum
einfach, wenn´s kompliziert auch geht? Aber c'est la vie. Da
wir keinen Ärger mit den Behörden wollen, halten wir uns
schön brav an ihre bescheuerten Vorschriften. Gegen Mittag
verlassen wir die Man of War Bay und fahren entlang der Küste
Richtung Süden bis zur 10 sm entfernt liegenden Englishman
Bay, einer wirklich traumhaft schönen Ankerbucht mit
wunderschönem palmengesäumten Strand, an dessen Westende
ein kleiner Fluss ins Meer mündet. Wir sind das einzige Boot
hier und genießen die abendliche Stille und Einsamkeit. 3
Tage verbringen wir hier, schnorcheln ein wenig, bauen zusammen
mit unserem Töchterchen Sandburgen und plantschen im Wasser.
Obwohl Wochenende ist, ist der Strand fast menschenleer. Wir haben
das Gefühl, im Paradies angekommen zu sein!! Umso schwerer
fällt uns der Abschied, als wir ein paar Tage später von
hier Richtung Storebay aufbrechen. Zum einen herrscht in unserem
Kühlschrank gähnende Leere, zum anderen wollen wir die
Geduld der Behörden nicht allzu sehr strapazieren und so bald
wie möglich in Scarborough wieder einklarieren.
„Anka,
Anka auf“ schreit Lena, und los geht’s. Nur 15
Seemeilen liegen vor uns, die wir zum Teil segeln, zum Teil
motoren. 3 Stunden später erreichen wir Storebay, das
Touristenzentrum von Tobago. Weiße, schöne Sandstrände
und das berühmte Buccoo Riff sind die Hauptsehenswürdigkeiten
in der Gegend. Landschaftlich kann jedoch der Süden der Insel
bei weitem nicht mit dem Norden mithalten, dafür bekommt man
hier jegliche touristische Infrastruktur, die man sich nur
wünschen kann: jede Menge Restaurants, Internetcafés,
Mietwagenfirmen und Einkaufsmöglichkeiten. Nach gut 1 ½
Wochen Leben im Paradies freuen wir uns sogar über ein
bisschen Zivilisation und Rummel. Wir sind erstaunt, wie wenig
Boote hier in der Storebay ankern, eigentlich haben wir um einiges
mehr erwartet. Insgesamt zählen wir auf Tobago nur an die 20
Segelschiffe, die sich auf die verschiedenen Buchten entlang der
Nordküste verteilen. Nur wenige Segler verirren sich hierher
nach Tobago, das ein wenig abseits der üblichen Seglerroute
liegt. Kaum zu verstehen, denn für uns ist Tobago bisher die
schönste aller Karibikinseln, die wir bis dato gesehen haben.
Kaum
angekommen machen wir uns auch schon auf den Weg mit dem Taxi nach
Scarborough, der Hauptstadt der Insel, wo wir uns auch gleich
einen deftigen Anschiss vom Zollbeamten einholen, der sich darüber
aufregt, dass wir nicht in Scarborough ankern, sondern mit dem
Taxi von Storebay hierher gefahren sind (was im Übrigen jeder
macht und uns sogar der Zollbeamte in Charlotteville empfohlen
hat). Seine Begründung, in Tobago dürfe man nur von
Hafen zu Hafen fahren, und die einzigen 2 Häfen seien
Charlotteville und Scarborough, können wir zwar nicht ganz
nachvollziehen, um ihn aber zu besänftigen versprechen wir
das nächste Mal Besserung. Wir haken die Geschichte einfach
unter „schlecht gelaunter Beamter, der sich profilieren
will“ ab, und beginnen unser Besichtigungsprogramm von
Scarborough. Neben einem netten Botanischen Garten hat die
Hauptstadt eigentlich nur das im 18.Jahrhundert auf einem Hügel
erbaute Fort King George zu bieten, von wo aus man eine herrliche
Blick auf die Umgebung hat. Das Museum ist leider geschlossen und
so fletzen wir uns unter einen schattigen Baum und genießen
die Aussicht und die Ruhe hier oben. Immer wieder stellen wir
überrascht fest, mit welcher Liebe die Sehenswürdigkeiten
der Insel hergerichtet sind und wie gepflegt alles erscheint.
Welch ein Kontrast zu Grenada, wo immer alles etwas
heruntergekommen aussah.
Als wir
abends zu unserem Ankerplatz zurückkehren, sind inzwischen
auch Edgar und Claudia hier angekommen. Ihre Einladung zum Pizza
essen auf der Morgi schlagen wir natürlich nicht aus, und so
verbringen wir einen wirklich schönen Abend zusammen mit
ihnen. Der letzte für eine Zeit lang, denn die beiden fahren
morgen zurück nach Trinidad, um von dort aus ins
Orinoccodelta aufzubrechen. Voraussichtlich erst in Puerto la Cruz
(Festland Venezuela) werden wir die zwei wiedersehen. Lena fällt
der Abschied von Edgar besonders schwer, noch Wochen später
sagt sie immer wieder „Edgar, Edgar“, und ist erst
zufrieden, wenn wir ihr ein Bildchen von ihm zeichnen:-))
In den
folgenden beiden Tagen mieten wir uns ein Auto und wollen das
Landesinnere besichtigen. Nur dumm, dass wir -wie es scheint- die
einzigen beiden Regentage für unseren Landausflug erwischt
haben. Bisher hatten wir mit dem Wetter hier auf Tobago enormes
Glück. Viel Sonne, kaum Regen, nur alle paar Tage mal ein
kurzer Schauer für ½ Stunde. Nicht so heute! Wie aus
Kübeln schüttet es fast den ganzen Tag über! Wir
nutzen die kurzen Regenpausen, um das Wasserrad in Arnos Vale und
Fort Bennett und Fort James (von denen außer Kanonen kaum
etwas übrig ist) anzuschauen. Wir müssen leider
feststellen, dass Tobago an Regentagen wie diesen nicht viel zu
bieten hat. Das einzige Museum der Insel ist geschlossen, und
Rumdestillerien oder Schokoladenfabriken zu besichtigen gibt es
hier auch nicht. Die wunderschöne Landschaft wirkt an
verregneten Tagen trist und grau und die vielen schönen
Strände und Wasserfälle sind auch nicht unbedingt
einladend, wenn es wie aus Kübeln gießt. Trotzdem
kämpfen wir uns tapfer entlang der Leeküste der Insel,
fahren quer durch den Tobago Forest Reserve auf die andere Seite
der Insel und machen einen Abstecher nach Speyside, um in einem
schönen Baumrestaurant ein leckeres, üppiges Mittagessen
im Trockenen einzunehmen. Danach geht’s zurück nach
Storebay. Am Tag 2 haben wir zumindest mehr Glück und der
Regen setzt erst am Nachmittag ein. So haben wir Zeit, ein wenig
in der Gegend um den Hillsborough Damm zu spazieren und im
Speichersee sogar ein kleines Krokodil zu beobachten. Auf dem
Rückweg legen wir einen Stopp in der Mount Irvine Bay ein,
essen dort eine Kleinigkeit und lassen Lena am Strand toben.
Schade, dass wir so ein Pech mit dem Wetter hatten.
Seit ein
paar Tagen tobt Hurrikan Gordon auf dem Atlantik. Wir haben zwar
vor ihm nichts zu befürchten, da er weit nördlich an uns
vorbeizieht, dafür bekommen wir einen fürchterlichen
Schwell hier in der Ankerbucht ab, der die Boote zeitweise
unangenehm rollen lässt, und vor allem das Anlanden mit dem
Dinghi am Strand zum halben Abenteuer macht. Wenn man nicht
aufpasst und schnell genug ist, schwappt schwuppdiwupp eine große
Welle ins Dinghi und setzt alles unter Wasser. Leider hat es Resy
erwischt als Lena vor Schreck über die eingestiegene Welle
ihre Kuh fallen hat lassen und so lag sie (Resy, nicht Lena) also
im sandigem Salzwasser, das im Dinghi schwappte. Kaum zurück
auf dem Boot musste dann Resy in die Waschmaschine! Auch das Baden
am Strand wird vor allem für Lenchen zum Schleudergang, wenn
sie von einer schäumenden Welle erwischt und durchgewirbelt
wird. Wesentlich kleinkinderfreundlicher ist da der Strand am
Pigeon Point, der durch das vorgelagerte Buccoo Riff geschützt
ist. Zu Fuß marschieren wir dorthin und zahlen gerne die 3
US$ Eintritt, denn es ist hier wirklich wunderschön. Ein
traumhaft weißer, sauberer Sandstrand mit Duschen, ein paar
kleine Restaurants und Essensbuden, und ein schöner
Spielplatz für Lena. Hier kann man es eine zeit lang
aushalten. Wir lernen eine nette Trini-Familie kennen, die hier
auf Tobago für ein paar Tage Ferien macht. Auch wenn sie hier
selbst nur auf Urlaub sind, lassen sie es sich nicht nehmen, uns
einzuladen und den ganzen Nachmittag über mit Essen und
Getränken zu bewirten: Pizza, Fish & Chips, Eis, Bier,
Wasser und Softdrinks.... Eine Gastfreundschaft ohne Gleichen! Wir
sind völlig geplättet, wie freundlich hier die Leute
sind! Schon ein paar Tage zuvor haben wir ähnliche
Gastfreundschaft kennen gelernt. Bisher haben wir in der Karibik
nichts derartiges erlebt, umso erstaunter und überraschter
sind wir nun!!! Nach einem wunderschönen Nachmittag mit viel
Ratschen und Plaudern verabschieden wir uns von unseren neu
gewonnenen Freunden. Ein wirklich schöner und interessanter
Tag für uns! Nur schade, dass wir uns wahrscheinlich nie bei
ihnen revanchieren können.
Gut 2 ½
Wochen sind wir nun auf Tobago, und da wir inzwischen auch die
nähere Umgebung von Storebay intensiv zu Fuß erkundet
haben, wird es Zeit, die Zelte abzubrechen und weiter zu fahren.
Ein letztes Mal mit dem Sammeltaxi nach Scarborough zu Zoll und
Immigration, ausklarieren und mit unseren letzten TT´s
(Trini-Dollar) noch schnell Frischproviant für die nächste
Woche einkaufen. An der Kasse merken wir mit Schreck, dass unser
Geld nicht ganz für die Ware in unserem Einkaufskorb
ausreicht, und so bitten wir den Verkäufer, doch einfach ein
paar Dinge zurückzunehmen. Doch der schüttelt freundlich
den Kopf und meint, das wäre schon ok., er schenke uns den
Rest. Es war zwar nur ein Kleinbetrag (1,50 Euro), aber immerhin!
Wäre uns das in Deutschland auch passiert?? Ein weiteres
Beispiel von vielen, wie freundlich die Menschen hier auf Tobago
sind!!!! Mit diesem Eindruck von Tobago und seinen Menschen
verlassen wir kurz darauf diese herrlich tropische und traumhaft
schöne Robinsoninsel. Was hätten wir versäumt, wenn
wir nicht hierher gefahren wären??!!! Mit Abstand auf Platz 1
ist Tobago -was Land und Leute betrifft- auf unserer persönlichen
Karibik-Ranking-Liste geklettert.
Unser
nächstes Ziel sind nun die Islas Testigos, die ca. 140
Seemeilen entfernt liegen und bereits zu Venezuela gehören.
Wind von hinten und Schiebestrom bis zu 2 Knoten versprechen ein
schönes Segelerlebnis. Schon kurz nachdem wir die Ankerbucht
verlassen haben, können wir bereits den Blister setzen. Erst
als kurz vor Sonnenuntergang der Wind immer mehr achterlich
einfällt, sind wir gezwungen, den Blister zu bergen und auf
Standardbesegelung (Groß- und Vorsegel) umzustellen. Im
Laufe der Nacht schwächt der Wind immer mehr ab, so dass wir
am Morgen schließlich für 2 Stunden den Diesel
anwerfen. Gegen Mittag, fast 24 Stunden nach Abfahrt erreichen wir
die venezuelanische Inselgruppe Los Testigos. Am Playa Tamarindo
auf Testigo Grande werfen wir den Anker und treffen auch gleich
unerwartet Altbekannte wieder: die „Zangano“, ein
nettes Schweizer Ehepaar mit Katze, die wir zum ersten Mal in
Agadir getroffen haben. Nachdem wir ein wenig mit ihnen geratscht
haben und sich Lena voll Begeisterung mit der Katze angefreundet
hat (arme Katze!), machen wir uns auch gleich mit dem Dinghi auf
den Weg zur Nachbarinsel Isla Iguana Grande, wo wir uns bei der
Küstenwache anmelden. Da es hier auf den kleinen Inseln weder
Zoll noch Immigration gibt, erteilt die Guarda costaria eine bis
zu 3 Tage gültige Aufenthaltsgenehmigung. Die Beamten sind
unglaublich freundlich, bieten uns sofort ein Glas Wasser an und
heißen uns herzlich willkommen, nachdem sie uns in ihr
Büchlein eingetragen haben. Wir sind wieder einmal völlig
sprachlos, eine derartige Freundlichkeit bei Beamten haben wir
bisher kaum erlebt. Da können sich ihre Kollegen in Antigua,
St. Maarten und den BVIs (British Virgin Islands) eine dicke
Scheibe davon abschneiden.
Die 3
Tage vergehen wie im Flug. Wir erkunden die schönen, sehr
ursprünglichen Inseln, die vom Tourismus bisher völlig
verschont sind (nur Segler kommen hierher). Außer ein paar
netten Sandstränden und ein paar Häusern gibt es kaum
etwas hier. Die Menschen leben hier vom Fischfang und „?“.
Zum ersten Mal haben wir auch Kontakt mit Haien!!! Doch Gott sei
Dank liegen diese bereits tot in einem der einheimischen
Fischerboote. Über 2,50 Meter lang, „tiburones negros“
nennen sie die Fischer, was soviel wie „schwarzer Hai“,
bzw. „Schwarzspitzenhai“ bedeutet. Evi ist froh, dass
sich die Viecher nicht mehr rühren, sie schauen doch ein
wenig Furcht erregend aus. Angeblich gibt es jede Menge von dieser
Sorte hier in der Gegend. Der Fischer sprach´s, und der
Badespaß war somit für heute beendet.....
21.September:
wir sind immer noch auf Testigos, und unsere kleine Maus hat
Geburtstag! Sie wird 2 Jahre alt, wie die Zeit doch vergeht....
Klar, dass wir ihren Geburtstag gebührend feiern: wir
schmücken das Boot mit Luftballonen, backen einen
Geburtstagskäsekuchen, zünden 2 Kerzen an, singen ihr
ein Geburtstagsständchen und überreichen ihr die
Geschenke: ein neues Paar Schwimmflügel, ein Buch über
einen Piratenjungen und ein 1,63 m langes aufblasbares
Plastikkrokodil! Sie ist völlig hin und weg, vor allem das
Krokodil hat es ihr angetan. Den ganzen Vormittag hopst sie auf
dem armen Viech herum und jauchzt vor Vergnügen. Später
geht der Spaß am Strand und im Wasser weiter. Kein
Daran-Denken, dem Gummiteil irgendwann einmal wieder die Luft
heraus zu lassen. Dann würde es Proteste ohne Ende hageln.
Also liegt im Moment noch ein weiteres Teil bei uns auf dem Boot
herum, viel Platz haben wir ja eh nicht, und dann noch ein 1.63
Meter großes grünes Monster. Jedem, der es hören
will erzählt sie noch Tage später voller Stolz und mit
leuchtenden Augen, was sie zum Geburtstag bekommen hat: „Lea
Buztag, Lea Schenke, Lea Kokoil, goooße Kokoil!!!“.
Und Abends muss das Tier sogar noch mit ins Bett!!! Hoffentlich
flaut die Begeisterung in den nächsten Wochen wenigstens ein
bisschen ab....
Der
Geburtstag geht vorbei, und auch unsere Aufenthaltsgenehmigung
läuft aus. Am nächsten Morgen müssen wir die Islas
Testigos verlassen und weiter Richtung Isla Margarita segeln.
Gerade wegen ihrer Einfachheit und Natürlichkeit hat es uns
hier auf den kleinen Inseln gefallen. Die Segelbedingungen für
heute versprechen ruhiges Wetter, kaum Seegang und 10 Knoten Wind
aus ESE. Wir müssen schon sehr zeitig aufbrechen, um die
kalkulierten 10 Stunden bis Porlamar (Isla Margarita) noch vor
Anbruch der Dunkelheit zu schaffen. Nach den ersten 4-5 Stunden
schönstem Raumschotsegeln lässt leider der Wind immer
mehr nach und schläft schließlich fast völlig ein.
Wir haben keine andere Wahl als wieder einmal mit Hilfe des Motors
den Rest der Strecke zu bewältigen, wenn wir nicht bei
Dunkelheit ankommen wollen. Doch wir tragen es mit Fassung, zum
einen, weil unsere „Mimpi Manis“ aufgrund der ruhigen
See auch unter Motor ruhig läuft, zum anderen weil wir die
Gelegenheit nutzen, unseren Wassermacher anzuwerfen und unsere
Tanks wieder einmal bis zum Rande zu füllen. Gegen 2 Uhr
nachmittags biegt sich plötzlich unsere Angel und die Leine
spult ab. Sofort nehmen wir das Gas weg und legen den Leergang
ein. Uns wird doch nicht endlich einmal das Anglerglück hold
sein? Erst vor ein paar Tagen haben wir versehentlich unseren
Köder verloren, als er sich in einer Boje verheddert hat, ein
weiterer ist beim Einholen unserer Angel aus unerfindlichen
Gründen abgerissen und ins Meer geplumpst. Dann noch unser
Fregattvogelfang auf dem Weg zu den Tobago Cays....Doch dieses Mal
scheinen wir tatsächlich Glück zu haben und eine kleiner
30 cm langer Thunfisch hängt am Haken. Nicht gerade üppig,
aber für ein kleines Abendessen reicht es allemal. Und lieber
einen kleinen Thunfisch, als einen 2,50 m großen
Schwarzspitzenhai, meint Evi.
Kurz vor
Anbruch der Dunkelheit erreichen wir gerade noch rechtzeitig die
Ankerbucht in Porlamar. Ca. 90 Boote ankern hier, die Kulisse im
Hintergrund ist nicht gerade nach unserem Geschmack: 20-stöckige
Hochhäuser säumen die Bucht, nach all den idyllischen
Ankerplätzen auf los Testigos und Tobago ist das ein echter
Kulturschock für uns. Aber da wir nur ca 1 Woche bleiben
wollen, um unsere Vorräte aufzustocken und die vielfältigen
Einkaufsmöglichkeiten zu nutzen, nehmen wir´s mit
Gelassenheit. Eine Traumbucht mit erstklassiger Versorgungslage
werden wir wohl kaum finden. Einen Tod müssen wir sterben.
Aber zunächst einmal heißt es Anker werfen. Doch wider
Erwarten haben wir damit die größten Probleme. Egal wo
wir es versuchen, unser Anker hält einfach nicht. Es ist wie
verhext. Lena stören unsere verzweifelten Versuche, den Anker
einzugraben herzlich wenig. Voller Begeisterung schreit sie jedes
Mal wieder „Anka, Anka auf“!!! Normalerweise ist es ja
ganz drollig, wenn sie solchen Enthusiasmus an den Tag legt, aber
im Moment können wir gar nicht darüber lachen und sind
kurz davor, ihr genervt den Mund zu verbieten. Erst nach dem 8.
oder 9. Versuch schaffen wir es endlich, unser Anker hält,
doch es ist bereits dunkel, als wir den Motor ausmachen. Eine
ganze geschlagene Stunde hat unser Ankermanöver gedauert.
Doch anstelle zum gemütlichen Teil des Abends überzugehen,
stellen wir mit Entsetzen fest, dass sich wieder einmal jede Menge
Salzwasser im Motorraum befindet. Ca. 200 Liter haben sich
aufgrund eines verrutschten Anpressring der Wellendichtung ins
Boot geschlichen, ohne dass die Lenzpumpe angesprungen ist. Wenn
wir nicht langsam absauffen wollen, müssen wir sofort
handeln. Der Skipper holt seinen Werkzeugkoffer hervor und richtet
das Malheur. Danach ist wieder einmal schöpfen und trocken
legen angesagt. Erst um 10 Uhr abends ist alles geschafft und wir
fallen todmüde in die Kojen. Ein langer, anstrengender
Segeltag!
Schon am
nächsten Morgen starten wir unsere Shoppingtour durch
Porlamar. Mit dem kostenlosen Bus oder auch per Taxi, das hier
recht günstig ist, in die verschiedenen Einkaufszentren der
Stadt. Täglich klappern wir einen anderen Teil dieser
riesigen Einkaufsmetropole ab, verproviantieren uns für die
kommenden Monate und freuen uns über die riesige Auswahl und
Vielfalt des Angebots. Beim Anblick all der leckeren Wurst- und
Käsesorten läuft uns das Wasser im Mund zusammen.
Seit Monaten knabbern wir an einem
5 kg Laib Neuseeländischen Cheddar herum, der eigentlich ja
ganz lecker ist, nur wenn man ihn tagtäglich isst, hängt
er einem schon ganz schön zum Hals raus. Eine g´scheite
Wurst haben wir seit Martinique nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Doch nicht nur in den Supermärkten fühlen wir uns wie im
Paradies, auch Klamotten sind hier spottbillig, und so decken wir
uns bis über beide Ohren mit Kindersachen ein. Bei den
Preisen kann man einfach nicht widerstehen!!
Großeinkäufe
von Lebensmitteln im Sigo oder Rattan - Supermarkt sind super
organisiert. Fast täglich fährt ein kostenloser Bus um
9.30 Uhr von der Marina zu den Einkaufszentren. Jeder bekommt eine
Karte mit einer Nummer. Dann macht man seine Einkäufe, die
anschließend schön in Kartons verpackt und mit der
persönlichen Nummer versehen gesammelt in einem Kühl-LKW
zur Marina zurück transportiert werden und zur gleichen Zeit
wie der Bus dort ankommen. Alles wird ausgeladen und schön
sortiert nach Nummern gestapelt, so dass man seine verpackten
Einkäufe problemlos wiederfindet. Der Dinghiwächter
hilft einem dann noch gegen ein kleines Trinkgeld die Kartons per
Sackwagen zum Dinghi zu bringen. Besser und einfacher geht’s
wirklich nicht mehr!!!!
Ebenso
unkompliziert und noch dazu spottbillig ist es hier, an Kraftstoff
zu kommen! Jeden Morgen etwa um die gleiche Zeit dreht das
„Dieselboot“, ein altes Fischerboot, seine Runden
durch das Ankerfeld und kommt auf Zuruf herbei. Man gibt seine
Bestellung auf, und schon am nächsten Morgen erfolgt die
Lieferung „frei Haus, bzw. natürlich „frei Boot“,
und das zu einem unverschämt günstigen Preis. Für
250 Liter Diesel und 60 Liter Benzin haben wir schlappe 22 Euro
bezahlt!!! Das entspricht einem Literpreis von umgerechnet 7
Eurocent!!! Noch vor ein paar Monaten kostete der Kraftstoff hier
nur unglaubliche 1,7 Eurocent je Liter, bis Präsident Chavez
die Preise für ausländische Yachten auf 0,40 €
erhöht hat. Doch das ist der offizielle Preis der
Tankstellen, den wohl kaum ein Boot hier auf Margarita bezahlt.
Alle bedienen sich des Tankschiffes, das täglich hier
aufkreuzt und billigen Diesel anbietet. Die Frage nach Legalität
stellt man sich besser nicht!!!! Neben Diesel und Benzin bieten
sie auch Dosenbier in Trays an, ebenfalls zu Schnäppchenpreisen.
Wir schlagen natürlich sofort zu, und bestellen 15 Trays
Brahma für den nächsten Tag. Sie versprechen gegen 15
Uhr vorbeizukommen. Als wir am frühen Nachmittag von unserer
Shoppingtour zurückkommen, stellen wir überrascht fest,
dass das Bier bereits schön gestapelt auf der Cockpitbank auf
uns warten. Das Tankschiff war einige Stunden früher
vorbeigekommen und hat uns unsere bestellten 15 Trays auf´s
Boot geladen. Bezahlt wird einfach am nächsten Tag! Das
nennen wir Service!!! Wir sind total begeistert und staunen, wie
einfach und unkompliziert hier alles funktioniert!
Wenn man
sich hier einen billigen Rausch antrinken will, dann ist man auf
Margarita genau richtig. Das Bier kostet in der Happy Hour der
Rumbar nur 0,25 € , Cola-Rum 0,30 € und ein Caipi
immerhin schon 1 €. Das sind Preise! Kein Wunder, dass hier
jede Menge ausgemergelte und vom Alkohol gezeichnete Robinson
Crusoes herumhängen, ehemalige Segler, die vor vielen Jahren
hier gestrandet sind, sich seitdem keine Seemeile mehr wegbewegt
haben, sich ab und zu für ein paar Bolivares eine Chica an
Bord holen und ansonsten täglich in der Happy Hour zu treffen
sind.... Na hoffentlich enden wir nicht mal so :-)
Unsere
ursprünglich sehr starken Bedenken bezüglich
Kriminalität haben sich inzwischen auch gelegt. Die
Diebstahlgefahr ist zwar vorhanden, doch wenn man die nötigen
Vorsichtsmaßnahmen trifft und ein bisschen gesunden
Menschenverstand an den Tag legt, sollte einem hier nichts
passieren. Das bedeutet natürlich auch, täglich abends
das Dinghi bis zur Reling hochzuziehen und festzuketten (sonst ist
es am nächsten Morgen verschwunden), die Luken beim Verlassen
des Bootes zu schließen und bestimmte einsame Straßen
bei Tag und Nacht zu meiden. Nachts über lassen wir weiterhin
unsere Luken und den Niedergang geöffnet, doch zur Sicherheit
schalten wir die Alarmanlage im Cockpit ein. Wir fühlen uns
eigentlich ziemlich sicher hier in der Ankerbucht von Porlamar. Im
Moment machen auch nur positive Erfahrungen, vor allem mit den
Menschen hier. Überaus freundlich, hilfsbereit und
zuvorkommend. Oder ist es etwa normal und selbstverständlich,
dass eine Verkäuferin in einem CD-Laden im Sambil-Mall uns
auf die Frage, ob sie wisse, wo wir denn die gesuchte CD bekommen
könnten, quer durch das ganze Einkaufszentrum begleitet (das
wirklich riesig ist), um uns zum Konkurrenzgeschäft zu
bringen???? Ich glaube nicht, dass uns so etwas in Deutschland
passiert wäre!!! Da kann man schon froh sein, wenn man
überhaupt eine Antwort bekommt!!
Da wir
hier nun das meiste organisiert haben, werden wir wohl im Laufe
der nächsten Woche von Porlamar aufbrechen. Entweder geht die
Reise zu den äußeren Inseln Blanquilla und Tortuga, die
angeblich wunderschön sein sollen, oder aber ans Festland
nach Puerto la Cruz, um von dort aus einen Landausflug in die
Venezuelanischen Anden nach Merida zu machen. Wir sind selber
gespannt, wie wir uns entscheiden......
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